Heute geht es mal um ein Projekt, das 13 Jahre zurückliegt. Als ich zum Studieren nach Würzburg gegangen bin, fasste ich im ersten Semester den Entschluss, mir einen fahrbaren (motorisierten) Untersatz zuzulegen, um diese vollgestopften Busse voller Döner essenden und schwitzenden Studenten vermeiden zu können. Vom Schrauben hatte ich zu der Zeit noch nicht die geringste Ahnung. Irgendwann fand ich einen Honda Lead AF01, der dem Vorbesitzer geklaut worden war und dann im mitleiderregendem Zustand im Straßengraben gefunden wurde. Optisch war er zwar keine Schönheit mehr (vorher aber auch nicht), weswegen ich den Entschluss fasste, mich seiner anzunehmen. Für 150 Euro wurde er meiner und hat mich 2 Jahre treu begleitet. Aber so hässlich bleiben konnte er vorerst nicht. Wenn schon hässlich, dann richtig!
Überarbeitung der Optik
Da der Roller einwandfrei lief, musste ich mir um die Technik schon mal keine Sorgen machen. Optisch hatte er aber eine Überarbeitung nötig. Also wurden erste Erfahrungen mit KFZ-Spachtel gesammelt. Da ich das vorher noch nie gemacht hatte, habe ich viel zu viel benutzt und die Frontblende dadurch doppelt so schwer gemacht wie vorher. Man kann sich natürlich einreden, dass das die Straßenlage verbessert hat.
Lackiert wurde der Roller in freundlichem Schwarz aus der Dose. Da ich auch hier völlig planlos war, wurde der Roller ab da von meinen Studienkollegen als „Tarnkappenbomber“ bezeichnet.
Da die ganzen Arbeiten in meiner damaligen Zivildienststelle stattfanden (natürlich nach Dienstschluss), konnte ich auf ein ordentliches Werkzeugkontingent zurückgreifen. Irgendwo fand ich einen Mercedesstern, den mir mein Chef auf Nachfrage schenkte. Der bekam natürlich einen Ehrenplatz. Die fehlenden Blenden am Lenker ersetzte ich durch Bleche, die ich aus einem alten Radio ausgeschlachtet hatte. Allerdings war die Idee, die Dinger mit Heißkleber einzukleben, nicht so gut, der ist nämlich nur bedingt vibrationsfest und nach ein paar Wochen und Schlaglöchern waren sie wieder verschwunden. Aber wie hat schon meine Oma immer gesagt: „Wie gewonnen, so zerronnen“.
Verstärker Einbau
Optisch war der Roller jetzt sehr individuell. Um aber wirklich aufzufallen, fehlte noch ein wichtiges Gimmick: Eine 300W-Stereoanlage.
Bei Ebay wurde ich fündig. Ich glaube, diese kleinen Verstärker kosten keine 20 Euro. Die Lautsprecherboxen fand ich in einem Sozialkaufhaus für kleines Geld. Der Einbau war allerdings etwas schwierig, da ich schon wieder eine ordentliche Menge Heißkleber verwendet habe. Keine Ahnung, was mich da geritten hat.
Die Lautsprecher wurden aus den Gehäusen geholt und in das Handschuhfach eingebaut. Die Methode, da Löcher reinzukriegen, war ebenso fragwürdig wie der ganze Heißkleber.
Aber es hat funktioniert und ich hatte ein 3-Wege-System im Handschuhfach. Die Anschlüsse kann ich leider hier nicht beschreiben, da ich den Roller schon 10 Jahre nicht mehr habe. Grundsätzlich kann ich mich aber erinnern, dass in der Anleitung des Verstärkers ein Schaltplan (1/2 Chinesisch, 1/2 Deutsch) war, auf dem alles beschrieben war. Betrieben wurde das Ganze übrigens mit einem kleinen Mp3-Player, den ich am Lenker festgemacht hatte, um ihn während der Fahrt bedienen zu können. Die Musikauswahl war sehr speziell. Die Top 3: „Born to be wild“ von Slayer, „Girls just wanna have fun“ von Cindy Lauper und „I wanna be a hippie“ von den Technoheads.
Zum Schutz vor Witterungseinflüssen wurde die Gitterblende der Lautsprecher wiederverwendet. Mit was die befestigt wurden, kann man sich ja jetzt selbst denken.
Da der Verstärker ziemlich an der Batterie zog, habe ich einen Schalter eingebaut, um ihn vom Strom trennen zu können. Leider hat es mir, da ich natürlich immer auf 100% Lautstärke unterwegs war, fast immer die Batterie leergelutscht und ich konnte den Roller so gut wie nie über den Elektrostarter anwerfen. Es könnte aber auch sein, dass ich öfter vergessen habe, die Anlage auszuschalten. Aber dafür hatte er ja auch noch einen Kickstarter und mit dem ging er immer an.
Letztendlich habe ich mir in Würzburg tatsächlich einen Namen mit dem Teil gemacht . Des Öfteren kam etwas wie „Hey, du bist doch der mit dem Roller, oder?“
Obwohl (oder gerade weil) er mich und meine Frau (damals Freundin) zwei Jahre bei jedem Wetter und jeder Jahreszeit transportiert hat, machte der Motor irgendwann die Grätsche. Das mag auch an der fehlenden Wartung gelegen haben.
Somit wurde der Roller durch meine Simson ersetzt und stellt dadurch den ersten Schritt meiner Motorrad- bzw. Schrauberkarriere dar.
Ich habe den defekten Roller noch einem Freund geschenkt, der ihn ausgeschlachtet hat. Der Motor wurde halbwegs instandgesetzt und arbeitete noch eine Zeit lang als Startautomatik für Rennmotorräder. Würdiges Ende.
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