Dieses Projekt war als Übungsrunde für ein um einiges größeres gedacht. Da bei unserer fast schon historischen Gartentür der Kitt bröckelt, muss ich den bald erneuern. Also habe ich mir ein altes Fenster geschnappt und habe mich mal in dieser alterwürdigen Arbeit geübt.
Besagte Gartentür ist ein uraltes, garagentorgroßes dreiflügeliges Ungetüm aus Holz und dennoch eine echte Schönheit, die wir unbedingt erhalten wollen. Aufgrund ihres Alters ist sie trotz Zweifachverglasung noch mit (mittlerweile leider ziemlich bröseligem) Leinölkitt gekittet.
Bevor ich mich da, ohne das jemals gemacht zu haben, drantraue, muss ich zuerst üben. Also habe ich mich mit allem nötigen Material eingedeckt und an einem alten Fenster getestet, wie das überhaupt funktioniert.
Grundsätzliches zu Leinölkitt
Die Methode, auf diese Art Fenster zu bauen, ist schon gute 300 Jahre alt. Leinölkitt ist ein Naturprodukt, bestehend aus Leinölfirnis und Schlämmkreide. Erstere wiederum besteht aus Leinöl, einem Trocknungsmittel und anderen Zusatzstoffen. Beim Aushärten bildet sie eine wasserabweisende Schicht namens Linoxin. Schlämmkreide ist eine Bezeichnung für gereinigte (gesiebte und geschlämmte) Kreide. Aufgrund dieser Inhaltsstoffe kann man Leinölkitt wirklich nicht mehr als modernes Baumaterial bezeichnen. Wegen seines Charmes und seiner Eigenschaften wird aber natürlich besonders bei der Restauration immer noch damit gearbeitet.
Beziehen kann man Leinölkitt ganz einfach im Internet. Ich habe mir einen 5 kg-Eimer bei Amazon bestellt. Kosten lagen bei knapp 23 Euro.
Alten Kitt entfernen
Zuerst muss der alte Kitt restlos entfernt werden. Das geht am besten mechanisch. Dazu kratzt man den alten Kitt mit einer Spachtel oder einem Schlitzschraubenzieher ab. Da das eine ziemliche Sauerei ist, sollte ein Staubsauger in der Nähe sein.
Alte Glaser haben die Scheiben, wie ich feststellen musste, mit kleinen Nägelchen im Rahmen befestigt und den Kitt darübergestrichen.
Wenn man das nicht weiß, knallt man irgendwann mit der Spachtel drauf, was der Scheibe nicht gut bekommt. Dadurch ist mir eine der beiden Scheiben gerissen und wurde später durch eine Plaxiglasscheibe ersetzt. Vorerst kommen die Scheiben aber raus.
Ist der alte Kitt entfernt, wird noch mit Schleifpapier nachgearbeitet, um auch die kleinsten Reste zu erwischen.
Vorbereitung des Fensterrahmens
Der nächste Schritt dient der Behandlung des Holzes, aber auch der Verbesserung der Haftung des Kitts. Hierbei werden das Fenster und besonders die Stellen, an denen später der Kitt aufgetragen wird, mit handelsüblichem Leinöl eingelassen. Ich habe meiner Frau einfach das kaltgepresste Bio-Leinöl gemopst, es sollte aber auch günstigere Alternativen geben. Da dieses Öl eine recht lange Trocknungszeit hat, lässt man den Fensterrahmen für mehrere Tage in der Sonne trocknen. Zwischendurch macht man eine Tastprobe. Werden die Finger nicht speckig beim Darüberstreichen, ist das Fenster bereit für die weitere Bearbeitung.
Aufbringen des Fensterkitts
Dazu wird das Fensterglas wieder eingebaut und mit besagten Nägelchen im Rahmen fixiert. Letztendlich sollte man die Fuge noch abkleben, da Kitt doch eine rechte Sauerei darstellt, wenn man es nicht gewohnt ist.
Für diesen Schritt empfehle ich Gummihandschuhe: Man nimmt eine ordentliche Portion Kitt, knetet diesen ordentlich durch, dreht eine lange Wurst und drückt sie in die Fuge. Die kleinen Nägel werden vom Kitt einfach bedeckt und sollten so weit im Holz stecken, dass sie nicht aus dem Kitt herausstehen.
Als nächstes sollte man die Fuge entweder mit einem Kittmesser oder einem Fugenabzieher für Silikonfugen abziehen, um überschüssiges Material zu entfernen.
Danach habe ich das Klebeband entfernt und mir die Gummihandschuhe ausgezogen. Wie ich festgestellt habe, klebt Kitt nämlich (richtig verarbeitet) gar nicht an den Fingern.
Man tippt mit den Fingern auf den Kitt, um ihn in Form zu bringen und streicht danach sanft darüber, um ihn zu glätten. Mit der Zeit bekommt man ein Gefühl dafür.
Ich bin mit meinem Ergebnis ganz zufrieden. Fürs erste Mal könnte es schlechter sein.
Nachbearbeitung
Das Fenster steht nun in meiner Werkstatt und wird wohl ins Stadl wandern. Die Trocknungszeit von Leinölkitt kann nämlich gut und gerne 2 Wochen betragen und der Kitt fischelt ein wenig beim Trocknen.
Wenn alles trocken ist, werden die Scheiben erst mit einem Glaskeramikschaber abgekratzt und dann mit Alkohol geputzt, der Rahmen inkl. dem ausgetrockneten Kitt wird wohl einen frischen grauen Anstrich bekommen.
Also ich denke, die Gartentür werde ich in den Sommerferien angehen. Das Fenster wandert wieder auf Halde und wartet auf seine Bestimmung.
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