Eigentlich wollte ich die WoMo-Schraubersaison 2022 für mich schon beenden, allerdings war der TÜV/Pickerl noch fällig. War auch etwas blauäugig, zu denken, dass die Freunde vom ÖAMTC da nix finden. Dieses Jahr kam ich mit einem Mängelbericht heim, in dem dick und fett stand „Drehstäbe, Führungs-, Dreiecklenker, Aufhängungsarme links vorne und rechts vorne: Querlenkergummi ausgerissen“.
Na danke, jetzt hatte ich wieder Arbeit. Und die Dinger waren echt biestig. Aber jetzt weiß ich, wie es geht und kann berichten:-)
Benötigte Teile und Werkzeuge
- Einen Satz Traggelenke
- Querlenker rechts und links
- Lagergummis für die Schubstange (je 2)
- Kleinteile wie Muttern, Schrauben, Spreng- und Sicherungsringe
- Schlagschrauber (ohne klappts nicht)
- Drehmomentschlüssel mit 17er, 19er, 22er und 24er Nuss (letztere in Lang)
- Neo-Fermit („Installateurflutschi“)
- Langer Schraubenzieher
- Brechstange
- Rostlöserspray (Meine Wahl: „Black Magic“)
- Bremsenreiniger
- Drahtbürste
- Schraubensicherung „mittelfest“
- Geduld
- Bier
- Bizeps
Zuerst muss man die Handbremse ziehen und den ersten Gang einlegen. Dann erst lockert man die Radbolzen. Diese werden grundsätzlich mit 180 Nm festgeknallt und gingen bei mir nur unter Zuhilfenahme eines langen Abwasserrohres ab. Mein Onkel meinte immer „Unendlich wird des Schlossers Kraft, wenn er mit dem Hebel schafft“.
Sind sie gelöst, wird der Ducato mit dem Wagenheber aufgebockt und zusätzlich gesichert. Sichern kann man gar nicht genug, im Idealfall steckt man überall etwas Holz drunter. Gelegentlich muss man seinen Kopf ja in den Radkasten stecken, da sollte das Wohnmobil dann auch oben bleiben.
Dann kann man die Radbolzen ganz rausdrehen und das Rad abnehmen. Ich hab mir für die ganze Arbeit einen Druckluft-Schlagschrauber bei einem Kumpel ausgeliehen. Ohne das ist die ganze Geschichte nicht zu bewerkstelligen. Überrascht war ich von dem ALDI-Ding: Ging alles wie geschmiert!
Rad ist draußen, dann kann man die ganze Geschichte einer Sichtprüfung unterziehen. Die Querlenkerlagergummis sind wirklich ordentlich zerbröselt (auch wenn man das auf dem Foto nicht erkennen kann).
Demontage Querlenker, Traggelenk und Schubstange
Nun sprüht man alle Muttern und Schrauben mit Black Magic ein und wartet ein bisschen.
Zuerst löst man die Mutter an dieser Stelle mit dem Schlagschrauber und einer 19er Nuss. Evtl. muss man auf der anderen Seite gegenhalten.
Mit der 24er Langnuss kann man die Schubstange an der Front ebenfalls lösen. Ich musste recht lange mit dem Schlagschrauber und einer Verlängerung draufhalten. Die besten Ergebnisse erzielt man, wenn man Vollgas gibt, nachdem der Kompressor sich frisch gefüllt hat.
Nun kann man den Querlenker aus der karosserieseitigen Führung nehmen (nachdem man den Bolzen gezogen hat). Da er meistens nicht will, nimmt man eine Brechstange zur Hilfe. Trotzdem nicht mit Gewalt arbeiten, sondern das Ding freundlich rauszwingen.
Da sich der ganze Querlenker inkl. Schubstange jetzt am Traggelenk nach unten klappen lässt, hat man freie Sicht auf die vier Schrauben, die selbiges halten. Diese holt man mit Schlagschrauber oder Ratsche und 17er Nuss raus. Eine geht nicht gut, weil sie vom Querlenker etwas verdeckt wird, hier darf man mit einem hochwertigen Maulschlüssel bzw. Ringschlüssel nachhelfen. Die 24er Mutter unten braucht man nicht mal versuchen zu lösen, da die Schraube des Traggelenks konisch ist und im Querlenker unendlich fest sitzt. Dazu später aber mehr.
Hat man alles geschafft, lässt sich der ganze Bums ziehen und liegt dann vor einem:
Querlenker und Traggelenk sind Schrott, die Schubstange brauchen wir aber noch. Daher sollte man alle Scheiben und Gummis in der ursprünglichen Reihenfolge wieder draufstecken und die Mutter leicht aufschrauben. So geht nichts verloren. Das kleine Schräubchen, das die seltsame Metallplatte oben auf dem Querlenker hält, lässt sich einfach lösen. Ich konnte übrigens nirgendwo rausfinden, wofür das Plättchen gut ist. Italienische Schraubensicherung?
Blöd ist es dann nur, wenn der dicke Bolzen dann festgegammelt ist…
Hier hilft Black Magic von Förch . Das Zeug wirkt. Ich habe das mal im Autoteileladen für teuer Geld gekauft, weil ich von den meisten Rostlösern unendlich enttäuscht war. Da sind auch schon Dosen halbvoll im Müll gelandet. Weiterer Benefit: Das Zeug sprüht auch über Kopf.
Was auch hilft. Gewalt. Ich habe mich auf den alten Querlenker gestellt und die Schubstange so lange hin- und hergedrückt, bis sich ein kleiner Schlitz ergeben hat.
In den habe ich dann wieder in Black Magic ersäuft, die altbewährte Brechstange reingesteckt und die Geschichte mit Gefühl auseinandergehebelt. Die Schubstange ist massiv, da verbiegt man nix.
Und da war er auch schon. Mistviech!
Mit Drahtbürste und Kriechöl ging es dem Rost an den Kragen, immerhin will ich den Bolzen ja wiederverwenden.
Jetzt kommt noch der Spezialmove: Es ist absolut unmöglich, alle Teile, wenn sie neu und frisch gelagert sind, unter dem Auto zusammenzubringen. Da ist so viel Spannung drauf und man hat unterm Auto so wenig Platz, dass das schlichtweg nicht geht.
Daher muss man die Halterung der Schubstange vorne in der Karosserie ausbauen. Glaubt es mir, es geht nicht anders. Dafür, dass man das so machen muss, spricht auch, dass es zwei Löcher in dieser Halterung gibt, durch die man einen dicken Schraubenzieher stecken kann, um das Ding später an die richtige Stelle zu hebeln. Das ist sicherlich so gedacht.
Zusammenbau neuer Querlenker, Traggelenk und Schubstange
Der alte Mist ist raus, auseinandergebaut, gereinigt und der Rost aus den Gewinden entfernt? Dann kanns losgehen.
WICHTIG: Keine Mutter (außer der dicken vom Traggelenk, siehe dazu aber später) sollte man festknallen, bevor das Auto wieder auf seinen Rädern steht. Also alles nur locker bzw. maximal „handwarm“.
Zuerst kann man das Traggelenk in den Querlenker stecken. Das geht erstmal relativ locker, allerdings sollte man beachten, dass die Schraube konisch ist und erst spät anfängt zu greifen. Das muss man unbedingt vor dem Einbau der ganzen Geschichte machen, da man im ins Auto eingebauten Zustand den nötigen Druck nicht mehr aufbringt, um das Teil festziehen zu können (das Gelenk dreht sich nämlich mit, wenn man schraubt).
Wie geht das also? Man legt das Traggelenk auf eine weiche Unterlage, steckt den Querlenker von oben drauf und kniet sich auf selbigen. Dann gibt man mit dem Schlagschrauber Vollgas auf die Mutter.
Wer nicht so der Knie-Typ ist, kann das auch mit dem Fuß machen.
Hat die Mutter Zug, ist sie etwa so weit drin.
Nun kommt die Schubstange. Von dieser nimmt man zuerst die alten Gummis ab und wundert sich, wie dünn die Dinger doch geworden sind. Links alt, rechts neu.
Ganz wichtig: Die Scheiben, die auf der Stange stecken (vor der dicken Beilagscheibe) müssen UNBEDINGT wieder an ihren Platz, die stellen den Nachlauf ein. Bei mir waren es drei.
Zum Test steckt man die Schubstange mit den Gummis und Scheiben in die Halterung und dreht die Mutter mit der Hand etwas fest. Ich hab spaßeshalber die ganze Stange testweise an ihren Platz im Querlenker montiert. Das muss dass allerdings wieder auseinander, sonst wird das mit der Montage des Querlenkerlagers aufgrund der Hebelwirkung der massiven Stange inklusive Halter nix.
Einbau neuer Querlenker, Traggelenk und Schubstange
Jetzt wird es spannend.
Zuerst seift man die Halterung des Querlenkerlagers mit Neo-Fermit ein.
Das Zeug ist einer meiner „Geheimtipps“, da es schön flutscht und den Gummi nicht angreift. Außerdem kann man es essen. Letzteres ist in diesem Fall aber weniger relevant. Schmeckt auch bescheiden.
Nun drückt, presst und hebelt man das Querlenkerlager in den Halter. Ein dicker Schraubenzieher und eine Brechstange helfen dabei. Sobald man die Buchse durch das Loch erkennen kann, kann man den Schraubenzieher durchstecken und den Querlenker in die richtige Richtung hebeln.
Ist das Querlenkerlager an der richtigen Stelle, schiebt man den Bolzen durch und dreht die Mutter handfest.
Auch montiert man nun die Schubstange am Querlenker. Das daher, da der Bolzen nicht mehr reingeht, wenn das Traggelenk am Rad montiert ist. Man legt das Ende der Schubstange aber einfach auf Balken- oder Holzstücken ab, dann geht das mit dem Traggelenk auch halbwegs. Die Mutter wird ebenfalls nicht stramm gezogen sondern nur locker aufgeschraubt.
Nun werden die vier Schrauben des Traggelenks verschraubt. Aufgrund der montierten Schubstange muss man da etwas fummeln und die Halteplatte in die richtige Position biegen. Nur kein Stress – das geht irgendwann! Da es für die Schrauben keine Drehmomentangabe gibt, habe ich sie mit etwas Schraubensicherung „mittelfest“ eingeschraubt. Ich weiß zwar, dass ich meinem zukünftigen Ich damit nicht unbedingt einen Gefallen tue, aber lieber so als dass mir das Zeug auf der Autobahn um die Ohren fliegt.
Die Schrauben gehen alle mit Ratsche und 17er Nuss, eine allerdings muss man mit dem Gabelschlüssel festziehen, da sie über dem Querlenker sitzt.
Ist das Gelenk fest, widmet man sich der Schubstange.
Ich habe mir hierfür ein paar Latten abgelängt, damit man alles in die richtige Richtung zwingen kann. Man muss sich halt immer wieder vor die Stoßstange legen und schauen, ob die Löcher des Halter jetzt fluchten.
Auch bei diesen Schrauben schadet etwas Schraubensicherung und ein neuer Sprengring sicherlich nicht.
Hat man den Halter an der richtigen Stelle, schraubt man die erste Schraube fest.
Nun kann man sicher mit einer Latte behelfen, die einem den Halter an die richtige Stelle drückt. So ist auch die nächste Schraube kein Problem. Übrigens: Hat man Freunde, braucht man keine Latten. Dann muss man aber Bier kaufen.
Und wenn zwei Schrauben sitzen, ist die dritte auch fix eingedreht. Sind alle drei am richtigen Platz, knallt man sie mit der Ratsche ordentlich fest. Aber Achtung: Nach zu kommt ab (nicht dass jemand bis jetzt auf einer einsamen Insel gelebt hat und den Spruch noch nicht kennt).
Wie man im Hintergrund erkennen kann, sind alle Muttern noch nicht festgedreht. Hat man jetzt aber den Halter der Schubstange und die Halteplatte des Traggelenks ordentlich festgezogen, dreht man alle Muttern etwas fester.
Nun wird das Rad wieder eingebaut (180 Nm auf die Bolzen) und der Ducato auf selbiges heruntergelassen. Jetzt darf man die Muttern mit dem Schlagschrauber noch etwas fester drehen, die Endbearbeitung erfolgt aber unbedingt mit Drehmomentschlüssel!!
Folgende Werte sind dem Handbuch zu entnehmen:
- 19er Mutter am Bolzen durchs Querlenkerlager unter der Karosserie: 90 Nm
- 24er Mutter unter dem Traggelenk: 100 Nm
- Kleines Schräubchen am Haltewinkel der Schubstange oben auf dem Querlenker: 25 Nm
- 22er Mutter auf dem Bolzen, mit dem die Schubstange am Querlenker befestigt ist: 140 Nm
- 24er Mutter am Ende der Schubstange: 100 Nm
Es ist aber gar nicht so einfach, unter dem Auto zu liegen und mit dem Drehmomentschlüssel 140 Nm auf die Mutter zu drücken. Da muss man mehr stöhnen als ein Tennisspieler bei der WM.
Hat man alles geschafft, darf man sich 50% freuen, denn die andere Seite ist auch noch dran. Bei mir sind beide Seiten fertig und ich habe heute eine kleine Probefahrt gemacht. Mein Lenkrad, das vorher bei schnelleren Geschwindigkeiten öfter mal etwas gewackelt hat, steht jetzt ganz ruhig. Das Auto läuft absolut geradeaus.
AAAAAber: Man sollte nach derartigen Aktionen auf jeden Fall die Spur einstellen lassen, damit man sich die Reifen nicht einseitig abfährt. Durch die neuen Gummis hat sich an der Geometrie sicherlich was verändert. Also ich ruf nächste Woche meinen Mechaniker an.
Auch sollte noch erwähnt werden, dass ich etwas unter Zeitdruck stand und daher teilweise die gleichen Muttern nochmal verwendet habe. Davon rate ich aber eher ab, kauft euch einfach neue. Ich werde das noch nachholen.
Alle Angaben wie immer ohne Gewähr. Diese Arbeiten sind entweder was für Leute, die was von der Sache verstehen oder keine Nerven haben. Für beide übernehme ich aber keine Haftung:-)
Schade, ich habe deinen super Bericht gelesen, nachdem ich fertig war :-). Ist wirklich OHNE Bühne eine sau Plackerei. Übrigens, Balistol kann man auch essen, schmeckt aber scheiße.
Gruß, Armin
Wow tolle Beschreibung,
Oh ich habe ein Riesen Problem da ich Meine Schubstrebe Beziehung die Gummis der Schubstreber erneuern muss und ich nicht weiß woher ich welche bekomme. Hättest du vielleicht einen Tipp für mich? Über eine schnelle Antwort würde ich mich sehr freuen. Viele Grüße Rainer aus Frankfurt
Hallo Matthias. Danke für die super Beschreibung. Ich habe es leider auch erst zu spät gelesen, nachdem ich meine Schubstreben Lager erneuert habe. Den Tipp mit dem Black Magic von Förch beherzige ich mal und probiere es beim nächsten Rost-Projekt aus. Die Schubstreben haben sich damals auch nicht vom Querlenker lösen lassen. Muss demnächt aber die Q-Lager neu machen und da möchte ich sie gerne dort raus haben.
Die Schubstreben Gummis gibt es von Febi mit der Nummer 12375. Auch auf meiner Ducato Webseite verlinkt, um mal etwas Werbung zu machen 🙂
Allzeit Gute Fahrt!
Hallo vielen Dank für den tollen Bericht. Ich habe bei meinem Ducato bzw Dethleffs Wohnmobil auch schon alles getauscht. Bin mir aber mit den Hülsen unter den Lagergummis für die Zugstrebe nicht sicher. Können Sie mir da vielleicht Maße geben oder vielleicht eine Adresse wo man die bekommt. Im Zubehör finde ich nur die Gummis ohne Hülse.
Viele Dank und Gruß
Kristoph