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Jetzt habe ich gestern den Beitrag über meine MZ geschrieben, da habe ich richtig Bock bekommen, auch was über meine damalige S51 zu schreiben, immerhin hat sie mich gute 8 Jahre begleitet. Wenn wir uns kein Haus gekauft hätten und nicht nach Österreich gezogen wären, wo die Zulassungsbestimmungen in Bezug auf Simson komplett behämmert sind, hätte ich sie immer noch und würde sie wahrscheinlich täglich fahren. Das klingt jetzt ein bisschen wie eine Liebeserklärung, ehrlich gesagt ist es das aber auch.

Als mir damals mein Honda Lead trotz mehrerer Wiederbelebungsbesuche eingegangen war, musste ein neuer fahrbarer Alltagsuntersatz her. Ich hatte mir kurz vorher mein erstes richtiges Motorrad gekauft – Eine Honda Shadow VT 600 C, die ich aber nur bei schönstem Wetter fahren wollte. Fündig wurde ich bei Ebay – in der Nähe von Würzburg, wo ich damals wohnte, stand eine Simson S51. Ich konnte mit der Marke nichts anfangen, es gab nur ein unscharfes Bild und keine wirkliche Beschreibung. Ich gab als Mindestgebot 300 Euro ab und für 280 Euro war sie dann meine. Also packte ich mich in meine schwarzen Chopper-Lederklamotten, ließ mich von einem Freund nach Distelhausen fahren und fuhr die 33km auf der Simson zurück. Das war definitiv eine meiner wildesten Fahrten. Wenn ich Gas gab, zog sie nach rechts, wenn ich bremste nach links. Dazu war die Schaltung so hakelig, dass man die Gänge nur mit Gewalt reinbekam. Und wenn man an der Ampel stand, musste man die ganze Zeit am Gas spielen, dass sie nicht ausging und dartete dann mit einem Wheely durch. Aber – wir kamen beide heil an meiner damaligen Wohnung an. Schnell war klar, dass sie so nicht bleiben konnte:

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Also: Erstmal zur Werkstatt und die wildesten Pfüsche rausoperieren lassen. Gartenschlauch als Schwingenlager, Gabelschlüssel als Schalthebel, usw. Die Rechnung von über 100 Euro ließ mich dann die Entscheidung treffen, dass ich ab jetzt selber schraube.

Als erstes musste ich mich mit Literatur eindecken und besorgte mir im Internet die gängigsten Schrauberanleitungen. Und so wurde die Simson nach und nach optimiert mit einer Ausnahme: Am Motor musste ich bis auf jährliche Ölwechsel nie was machen. Der lief immer.

Die Simson wurde mit Schleifpapier per Hand komplett abgeschmirgelt und danach mit 2K-Lack auf dem Dachboden des Mietshauses, wo ich wohnte, lackiert. Da stank es dann 2 Wochen gewaltig. Außerdem bekam sie statt der alten verwarzten Sitzbank eine gute gebrauchte von Ebay.

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So konnte sie dann erstmal bleiben und ich 3 Jahre lang jeden Tag in die Uni. Da eine Simson ja 60km/h fahren darf (und dank Einigungsvertrag trotzdem mit kleinem Nummernschild zu fahren ist), war ich schneller als jeder Chinaböllerroller. Da ich öffentliche Verkehrsmittel zu Unizeiten verabscheute (im Winter 1000 hustende Menschen zusammengequetscht – Nö.), fuhr ich die S51 bei jedem Wetter (manchmal halt dann mit langer Unterhose). Ich kaufte mir einen kleinen Fahrradtacho, um damit meine Männlichkeit zu testen. Fazit:

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Wie gesagt, die Simson lief bei jedem Wetter und hatte dank der Stollenreifen auch auf Eis und Schnee immer genug Grip (Im Gegensatz zum Honda Lead, der sowohl mich als auch meine Frau mal abgeworfen hatte).

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Dann kam der Zeitpunkt, wo ich aus Würzburg wegzog (und meine Frau nach Finnland) und zuerst für ein halbes Jahr nach Ingolstadt in eine Wohnung ohne Garage zog und die Simson in die Wohnung stellte (wenn das der Vermieter gewusst hätte…). Da dort zwei meiner Freunde wohnen, die ebenfalls Motorrad fahren und schrauben, wurden einige Abende genutzt, um die S51 von Grund auf zu renovieren und natürlich einiges an Bier zu vernichten. So bekam sie einen neuen Kabelbaum, neue Gabelfedern, neuen Lack, eine VAPE-Zündung und so weiter.

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Danach ging es für ein Jahr nach Oberammergau, wo ich die Simson dann des öfteren fuhr. Aufgrund des jetzigen Zustands aber wie das Motorrad nur bei schönem Wetter, wofür sie ja eigentlich gar nicht vorgesehen war…

Dann kam der Punkt, wo wir nach Österreich zogen. Hier gibt es keinen Einigungsvertrag und ich hätte die Simson als Motorrad anmelden müssen (inkl. jedes Jahr TÜV). Somit stand die Simson 4 Jahre nur noch rum, bis dann jemand kam, der eigentlich ein Otto Kynast-Mofa von mir kaufen wollte und mir 1000 Euro für die S51 bot. Da ich nicht vorhabe, aus Österreich wegzuziehen und es für die Simme wohl Zeit war, weiterzuziehen, habe ich sie hergegeben. Vernünftig war es schon, aber ich werde trotzdem immer noch ganz wehmütig, wenn ich dran denke.

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